Bocholt, 01. September 2014
Stadtgeschichte: Das Soldatenheim in der Nordstraße
Bocholter Stadtarchiv präsentiert das historische Foto des Monats
Bocholt (PID). Das vorliegende Foto eröffnet dem Betrachter einen Blick auf die Kreuzung Nordstraße/Nobelstraße. Es entstand im Frühsommer des Jahres 1911, als die Stadtverwaltung die Nobelstraße kanalisierte und die Verkehrswege mit einem festen Straßenbelag versehen ließ. Bauarbeiter bringen sich für diese Momentauf-nahme in mit ihren Arbeitsgeräten in Position. Schwere Straßenbaumaschinen versperren den Durchgang zur Nobelstraße.
Genauer gesagt präsentieren sich die Arbeiter hier vor der Gaststätte „Westfälischer Hof“, eines Ende des 19. Jahrhunderts im Stil des Historismus errichteten Eckhauses mit Eingang von der Nordstraße. Im weiteren Verlauf erkennt man die Wohn- und Geschäftshäuser Herzfeld, Oberem, Hengefeld und das Verlagsgebäude J. & A. Temming (mit Markise). Dem Hotel und Gasthaus kam während des Ersten Weltkrieges eine besondere Bedeutung zu. Im Herbst 1916 richtete man darin ein Soldatenheim für die Militärangehörigen des Ersatzbataillons Landwehr Infanterie-Regiment Nr. 13 ein. Die Wehrleute verbrachten dort ihre Freizeit. Die Idee zur Gründung dieses Heimes, das zunächst vorübergehend im Schützenhaus untergebracht war, hatte der katholische Militärseelsorger Vikar Wilhelm Beckmann. Ihm übertrug man auch die Leitung des Soldatenheimes. Darin wurden eine Küche, eine kleine Bücherei und ein separater Bereich mit Schreibmaterialien und Unterhaltungsspielen eingerichtet. Dreimal in der Woche gab die Musikkapelle der „Dreizehner“ in dieser Gastwirtschaft ein Konzert. Zudem sorgten dort vorgebrachte Gesangsdarbietungen oder populär-wissenschaftliche Vorträge für reichliche Abwechslung im Alltagsleben der Militärs. Das Heim finanzierte sich überwiegend aus Spenden, die der Vaterländische Frauenverein Bocholt in Zusammenarbeit mit den Kriegervereinen sammelte. An manchen Sonntagen wurden den Soldaten dort bis zu 300 Tassen Kaffee ausgeschenkt. In Absprache mit der Polizeiverwaltung und dem städtischen Steuerbüro gab Bürgermeister Clemens Wesemann in Ausnahmefällen seine Erlaubnis - wenn auch nur eingeschränkt - zum Ausschank geistiger Getränke an die Militärpersonen.
Das Haus gehörte dem Gastwirt und Stadtverordneten Heinrich Scholten. Nach dem Abzug des Ersatzbataillons zu Beginn des Jahres 1919 wurde das Soldatenheim geschlossen und das Inventar öffentlich versteigert. Das Haus selbst übernahm sodann der Kaufmann Otto Scherbel.
Pressekontakt: Stadt Bocholt - Fahrradfreundlichste Stadt Deutschlands, Stadtarchiv Bocholt, Wolfgang Tembrink, Tel.: 02871/24110 - 12
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