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Pressemitteilung vom
16. Oktober 2015
Eritreischer Radprofi zum Testarbeiten in Baunataler Fahrradladen

Baunatal/Wolfhagen. In seiner Heimat Eritrea war Sagen Ghebremichal Radprofi und fuhr in einem Team der ersten Liga Eritreas – als Flüchtling aus der Wolfhager Pommernanlage absolvierte er jetzt einen Praxistag im Baunataler Fahrradladen „Pedalwerk“. „Ich möchte gern arbeiten und mir hat die Arbeit hier Spaß gemacht“, berichtet Ghebremichal in einer Mischung aus Englisch und Deutsch. „Mit der Verständigung ist das noch schwierig – aber man merkt, dass Sagen das Fahrrad im Blut hat“, bestätigt Andreas Appel, Inhaber des „Pedalwerks“. Der 23jährige Ghebremichal flüchtete im Oktober 2014 über den Sudan, Libyen, das Mittelmeer und Italien nach Deutschland, wo er im Juni 2015 eintraf. Seine Familie ist noch in Eritrea – er hat drei Brüder und drei Schwestern.

 

„Wir machen ein Interview mit den Flüchtlingen in unseren Gemeinschaftsunterkünften, um zu erfahren, welche Qualifikationen sie vorweisen können“, informiert der Integrationsmanager des Landkreises Bijan Otmischi. Häufig helfe dabei das Handy der Flüchtlinge, mit dem sie auf Bildern zeigen können, was sie in ihrer Heimat gearbeitet haben. So wurde auch die Radprofi-Vergangenheit von Ghebremichal offenkundig. Otmischi: „Wenn die bisherigen Tätigkeiten und Qualifikationen klar sind, stelle ich den Kontakt zu interessierten Unternehmen her“. Es gäbe eine Vielzahl von Firmen, die an der Beschäftigung von Asylbewerbern interessiert sind. „Wir arbeiten hier eng mit der Handwerkskammer und der Industrie- und Handelskammer zusammen“, so Otmischi weiter. Sobald die Qualifikationen eines Flüchtlings und die Nachfrage eines Unternehmens zusammenpassen, werde ein Praxistag vereinbart.

„Bei Sagen ist die Sprache das große Problem – ab dem 1. November stehen Mittel der Bundesagentur für Arbeit für Sprachkurse zur Verfügung und das wird der nächste Schritt für ihn sein“, kündigt der Integrationsmanager an.

 

„Ein Radprofi ist für viele Radsportvereine zur Teamverstärkung hilfreich und ich werde meine Kontakte nutzen, um hier einen Kontakt zu vermitteln“, ist „Pedalwerk“-Inhaber Appel zur weiteren Unterstützung bereit. Wenn die Sprachkenntnisse besser werden, sei sicherlich auch ein längeres Praktikum möglich.

 

Hintergrund:

Anerkannte Asylbewerber dürfen uneingeschränkt in Deutschland arbeiten.

Während des Asylverfahrens ist die Arbeitsaufnahme nicht so einfach. Am einfachsten ist es im Bereich Ausbildung: Flüchtlinge mit einer Aufenthaltsgestattung (das Asylverfahren läuft und ist noch nicht abgeschlossen) können nach den drei Monaten in Deutschland eine betriebliche Ausbildung beginnen. Flüchtlinge mit einer Duldung (Asylverfahren mit negativem Bescheid abgeschlossen, bei denen die Abschiebung ausgesetzt wurde) können ohne Wartefrist eine Ausbildung beginnen (allerdings dauert der Weg zur Duldung meistens sehr viel länger als die dreimonatige Wartefrist für Flüchtlinge mit Aufenthaltsgestaltung). In beiden Fällen muss eine Erlaubnis der Ausländerbehörde vorliegen.

Eher einfach ist auch der  Zugang zu Praktika, zum Bundesfreiwilligendienst oder zu einem freiwilligen sozialen Jahr – hier gelten die gleichen Regeln wie beim Ausbildungsverhältnis.

Hochqualifizierte Flüchtlinge, die einen anerkannten oder vergleichbaren ausländischen Hochschulabschluss besitzen und mindestens 47.600 Euro brutto im Jahr verdienen werden oder einen deutschen Hochschulabschluss besitzen (hier gibt es keine Einkommensgrenze) können ebenfalls nach der dreimonatigen Wartefrist eine Beschäftigung in Deutschland beginnen.

Bei allen anderen Flüchtlingen muss die Arbeitsagentur einer Beschäftigung zustimmen – auch hier ist eine Beschäftigungsaufnahme grundsätzlich erst nach drei Monaten möglich. Die Arbeitsagentur führt eine Arbeitsmarktprüfung und eine Vorrangprüfung durch. Bei der Arbeitsmarktprüfung soll sichergestellt werden, dass Flüchtlinge nicht als billige Arbeitskräfte missbraucht und bei den Arbeitszeiten ausgebeutet werden – für die Arbeitsstelle müssen dieselben Regeln, wie für einen Arbeitsplatz für einen Deutschen gelten.

In der Praxis am bedeutendsten ist die Vorrangprüfung: Hier wird die Frage geklärt, ob die Stelle auch mit arbeitssuchend gemeldeten Personen besetzt werden kann, deren Arbeitsmarktzugang nicht beschränkt ist. Das heißt, dass zuerst geprüft wird, ob nicht auch ein deutscher Arbeitsloser die Stelle antreten könnte. Danach wird geprüft, ob ein arbeitslos gemeldeter EU-Ausländer in Frage kommt und danach ob ein arbeitslos gemeldeter Nicht-EU-Ausländer beschäftigt werden könnte. Erst danach ist die Besetzung der Stelle mit einem Asylbewerber möglich. Diese Vorrangprüfung entfällt erst, wenn der Asylbewerber bereits seit 15 Monaten in Deutschland lebt. Die Ausländerbehörde macht ihre Zustimmung zur Arbeitsaufnahme immer von einem positiven Votum der Arbeitsagentur abhängig.

Gemeinnützige Arbeiten können die Flüchtlinge sofort ab dem Zeitpunkt beginnen, ab dem sie einem Landkreis zugewiesen werden. Im Landkreis Kassel wird dies genutzt und Flüchtlinge aus den Gemeinschaftsunterkünften helfen bei der Pflege der Außenanlagen der Unterkünfte, beim Herrichten von neuen Gemeinschaftsunterkünften und unterstützen gemeinnützige Vereine bei ihrer Arbeit.

Der Landkreis hat einen Integrationsmanager mit der Aufgabe betraut, die Beschäftigungspotenziale der Flüchtlinge zu erheben und Möglichkeiten der Beschäftigung auf dem regionalen Arbeitsmarkt zu prüfen. Der Integrationsmanager, Bijan Otmischi, ist unter der Telefonnummer 05692-9999110 oder per Mail bijan-otmischi@landkreiskassel.de zu erreichen. Die gemeinnützige Arbeit in den Gemeinschaftsunterkünften wird über die kreiseigene Arbeitsförderungsgesellschaft im Landkreis Kassel (AGiL) organisiert.

Einkünfte aus Beschäftigung werden auf die Zahlungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz angerechnet. Der Stundenlohn von 1,05 Euro für gemeinnützige Arbeitsgelegenheiten bleibt den Flüchtlingen in vollem Umfang erhalten.



Pressekontakt: Pressestelle LANDKREIS KASSEL, Harald Kühlborn



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LANDKREIS KASSEL
Pressesprecher
Harald Kühlborn
Wilhelmshöher Allee 19 - 21
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Tel.: 0561/1003-1506
Fax: 0561/1003-1530
Handy: 0173/4663794
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