Kreis Steinfurt. Gewalt gegen Frauen und Mädchen hat weltweit und auch im Kreis Steinfurt nach wie vor viele Gesichter. „Von der Belästigung über alltägliche sexuelle Anspielungen, psychische und körperliche Verletzung und Misshandlung, sexuellen Missbrauch, Sextourismus, Frauenhandel und Vergewaltigung bis hin zu Zwangsprostitution, Genitalverstümmelung und Zwangsheirat ist die Liste lang“, erklärt Anni Lütke Brinkhaus, Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Steinfurt, die zum internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen und Mädchen das Thema in den Mittelpunkt rückt.
Der 25. November ist seit 1999 von den Vereinten Nationen als offizieller internationaler Gedenktag „NEIN zu Gewalt gegen Frauen und Mädchen“ anerkannt. Der Kreis Steinfurt beteiligt sich auch in diesem Jahr an der seit 2001 bundesweiten Fahnenaktion der Frauenorganisation „Terre des femmes“. Die Fahne mit der Aufschrift „frei leben – ohne Gewalt“ weht damit bereits zum 15. Mal am Kreishaus in Steinfurt und steht unter der Überschrift: „Mädchen schützen! Weibliche Genitalverstümmelung gemeinsam überwinden.“ Die Verstümmelung von Genitalien bei Frauen gilt als massive Menschenrechtsverletzung: Nach einer UNICEF-Studie gibt es weltweit mindestens 200 Millionen Betroffene, die mit den Folgen der Eingriffe leben müssen – und jedes Jahr kommen etwa drei Millionen Opfer hinzu. In Deutschland sind mehr als 58.000 Mädchen und Frauen von Genitalverstümmelung betroffen und mindestens 13.000 gefährdet. Der Kreis Steinfurt will mit der Fahnenaktion ein Zeichen setzen und auf die tägliche Gewalt an Mädchen und Frauen weltweit aufmerksam machen.
In den letzten Wochen ist das Thema Gewalt gegen Frauen durch die Berichterstattung über Übergriffe insbesondere in der Medien- und Filmbranche noch einmal verstärkt ins Blickfeld der Öffentlichkeit gerückt. Die Mitglieder des Runden Tisches gegen häusliche Gewalt im Kreis Steinfurt haben bei ihrem Arbeitstreffen daher die sexualisierte Gewalt in den Blick genommen und über das aktuelle Thema diskutiert. Einigkeit bestand darüber, dass sexualisierte Gewalt auch im Kreis Steinfurt aus der Tabu-Zone geholt werden muss, um strukturelle Verbesserungen beim Opferschutz zu erreichen. Im Kreis Steinfurt lag die Anzahl der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung in 2016 bei 239 Taten, davon 50 Vergewaltigungen.
„Sexualisierte Gewalt muss für beide Geschlechter bekämpft werden. Das ist eine Aufgabe, der wir uns im Kreis Steinfurt stellen müssen. Daneben gilt es, die erfolgreiche Arbeit des Runden Tisches weiterzuführen. Denn fest steht auch, dass häusliche Gewalt immer noch die am stärksten verbreitete Gewalt an Frauen ist“, betont Anni Lütke Brinkhaus. Hierzu arbeitet der Runde Tisch seit 15 Jahren daran, häusliche Gewalt zu ächten und eine spürbare Verbesserung von Schutz und Hilfe für die Opfer zu ermöglichen. Laut Statistik der Kreispolizeibehörde Steinfurt wurden im Jahr 2016 588 Fälle häuslicher Gewalt zur Anzeige gebracht. „Jeder Fall sexualisierter oder häuslicher Gewalt ist ein Fall zu viel“, macht Anni Lütke Brinkhaus deutlich.