Meldungsdatum: 30.05.2023
Mitte Mai 2023 haben sich zwei Tage lang fast 500 Teilnehmende aus dem gesamten Bundesgebiet - so auch die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Borken Carina Sienert - auf der 27. Bundeskonferenz der kommunalen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten in Leipzig mit „Gretchenfragen“ der Gleichstellung und mit feministischen Perspektiven für die Zukunft beschäftigt. Gretchenfragen sind als unbequem empfundene Gewissensfragen, die eine Positionierung zu Kernthemen verlangen. Die Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) der kommunalen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten fordern die Politik in Bund und Ländern auf, Antworten auf dringende Gretchenfragen zu geben und entsprechende Gesetze zu verabschieden.
Bei der Eröffnung der Bundeskonferenz dankte Bundesfrauenministerin Lisa Paus in ihrem digitalen Grußwort den kommunalen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten für ihre beharrliche Arbeit vor Ort und ermutigte sie, auch weiterhin unbequeme Fragen zu stellen und so die Politik voranzutreiben: „So lange Vermögen und Möglichkeiten ungleich verteilt sind, so lange sind Gleichstellung und Gerechtigkeit nicht erreicht. Für echte Gleichstellung von Frauen braucht es die drei R: Rechte, Ressourcen und Repräsentanz.“
Auch die sächsische Staatsministerin für Gleichstellung Katja Meier richtete sich an die Teilnehmenden: „Die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten leisten wertvolle Arbeit für uns alle. Sie sind das Rückgrat der Gleichstellungsarbeit in ihrer ganzen Vielfalt der Gesellschaft. Ihre Arbeit muss weiter gestärkt werden, rechtlich und materiell. Gerade in Zeiten verstärkten Fachkräftemangels sind sie ein Schlüssel für die Verbesserung der Vereinbarkeiten, damit Frauen sich aktiver einbringen können.“
Der zweite Tag der Konferenz begann mit einer Demonstration von fast 300 kommunalen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten in der Leipziger Innenstadt: Die Teilnehmenden brachten ihre Gretchenfragen und auch Forderungen lautstark auf die Straße.
#Gretchenfrage häusliche Gewalt: 3,8 Mrd. Euro zahlt die Gesellschaft im Jahr für die Folgen von häuslicher Gewalt. Jeden dritten Tag wird eine Frau von ihrem (Ex-)Partner ermordet. Nicht zu beziffern ist das Leid, das häusliche Gewalt bei Frauen und Kindern verursacht. Deutschland hat die Istanbul-Konvention unterzeichnet, die konkrete Umsetzung läuft jedoch schleppend. Es braucht mehr Geld für Täterarbeit und Präventionsprojekte für Jungen. Es braucht Strukturen für besonders verletzliche Gruppen wie trans und inter Personen. Frauenschutzhäuser brauchen eine verlässliche und nachhaltige Finanzierung auch im Kreis Borken, sagte Sienert.
#Gretchenfrage politische Teilhabe: Etwa ein Drittel der Bundestagsabgeordneten sind weiblich, der Anteil der Bürgermeisterinnen beträgt nur 11,7 Prozent. Nur durch Parität können die Belange von Frauen wirklich gesehen werden. Auch in der Kommunalpolitik ist der Frauenanteil viel zu niedrig. Ich wünsche mir, dass mehr Frauen auf sicheren Listenplätzen aufgestellt werden, so die Borkener Gleichstellungsbeauftragte.
#Gretchenfrage Gesundheit: Immer mehr Geburtsabteilungen werden geschlossen, Schwangere müssen gerade in ländlichen Regionen lange Wege in Kauf nehmen, werden abgewiesen, wenn Kreißsäle belegt sind. Es braucht eine wohnortnahe Versorgung für Schwangere. Noch immer kann ein Schwangerschaftsabbruch laut § 218 StGB mit Gefängnisstrafe geahndet werden und immer weniger Ärztinnen und Ärzte können einen Abbruch vornehmen. Methoden für Schwangerschaftsabbrüche müssen im Medizinstudium gelehrt werden.
#Gretchenfrage Alleinerziehende: Alleinerziehende sind fünfmal häufiger von Armut betroffen als Zwei-Eltern-Familien, 88 % der Alleinerziehenden sind Frauen. Durch eine steuerliche Entlastung und sichere Kinderbetreuung könnte die finanzielle Situation Alleinerziehender verbessert werden.
Auf solche und weitere Gretchenfragen muss die Politik Antworten geben. Entsprechende Anträge an die Bundesregierung haben die Gleichstellungsbeauftragten aus ganz Deutschland auf der Bundeskonferenz in Leipzig verabschiedet. Es war eine spannende Konferenz, auf der mit viel Leidenschaft, Engagement und teilweise auch kontrovers diskutiert wurde, so die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt BorkenCarina Sienert.
Fotos: Gruppenbild
Gleichstellungsbeauftragte Carina Sienert fordert bei der Demonstration Antworten der Politik auf eine der "Gretchenfragen".
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