Magdeburg.
Inzwischen ist es gut drei Jahre her, dass in Magdeburg ein Forschungsprojekt unter dem Titel „Das Magdeburger Recht als Wirtschaftsfaktor in Ostmitteleuropa“ seine Arbeit aufnahm. Am 1. Juni nahm hier die aus Ungarn stammende Rechtshistorikerin Dr. Katalin Gönczi die Arbeit auf und setzt die Forschungen ihrer Vorgängerin Marion Perrin fort.
Die Initiative und Leitung der Forschungsstelle liegt in den Händen des Professors für Bürgerliches Recht, Europäische, Deutsche und Sächsische Rechtsgeschichte an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Dr. iur. Heiner Lück, der als Sekretar der Philologisch-historischen Klasse dem Präsidium der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig angehört. 2002 wurde er mit dem Eike-von-Repgow-Preis der Landeshauptstadt Magdeburg und der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg für seine Leistungen bei der Verbreitung des Wissens über Eike von Repgow, den Sachsenspiegel und das Magdeburger Recht ausgezeichnet.
Der Förderzeitraum für das Magdeburger Forschungsvorhaben war auf drei Jahre beschränkt und endete im März dieses Jahres. Vom 1. April 2004 bis zum 31. März 2007 leistete die Rechtshistorikerin Marion Perrin die Projektarbeit in Magdeburg mit großem Engagement. Es ist sicher nicht zuletzt ihr Verdienst, dass bereits vor Auslaufen der im Rahmen einer Kooperation des Landes Sachsen-Anhalt, der beiden Universitäten des Landes und der Landeshauptstadt Magdeburg geförderten Stelle, die Weichen für eine Fortführung gestellt wurden.
Das Projekt wurde dem seit Beginn 2004 bestehenden, von Prof. Lück und dem Leipziger Slawisten und Akademiemitglied Prof. Dr. Dr. h. c. Ernst Eichler geleiteten Arbeitsvorhaben „Das sächsisch-magdeburgische Recht als kulturelles Bindeglied zwischen den Rechtsordnungen Ost- und Mitteleuropas“ an der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig zugeordnet. Die ohnehin in den letzten Jahren intensiv praktizierte Kooperation zwischen diesen beiden Arbeitsstellen in Leipzig und Magdeburg erhielt so eine verlässliche Basis und eine langfristige Perspektive bis zum Laufzeitende des Akademievorhabens Ende 2018.
Für die zum 1. Januar 2007 eingerichtete Stelle konnte die aus Ungarn stammende Rechtshistorikerin Dr. Katalin Gönczi gewonnen werden, die ihre Arbeit am 1. Juni in Magdeburg aufgenommen hat. Vorher war sie u. a. als Mitarbeiterin des Max-Planck-Instituts für Europäische Rechtsgeschichte sowie in der universitären Lehre in Deutschland und Ungarn tätig.
Die Bedeutung des Magdeburger Stadtrechts, das mit Privilegien bereits im 10. und 11. Jahrhundert seinen Anfang nahm, zunächst zahlreichen benachbarten Städten verliehen wurde und sich schließlich ab dem 13. Jahrhundert, in Einzelfällen bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts, auf dem Wege der Bewidmung bis weit nach Osteuropa ausgebreitet hat, ist seit langem bekannt und unbestritten. Es war in diesem Zeitraum eine verbindende Grundlage für das wirtschaftlich-kulturelle Leben in den Gebieten seiner Verbreitung. Es ist daher kein Zufall, dass die Länder, die im Mai 2004 der Europäischen Union beigetreten sind, zum größten Teil zu jenen Länder gehören, in denen das Magdeburger Stadtrecht und der Sachsenspiegel Anwendung fanden. Die Zusammenhänge, die sich auf rechtlicher und sprachlicher Ebene aus diesem Prozess der Aneignung des sächsisch-magdeburgischen Rechts ergeben, sollen vornehmlich aus der Perspektive der jeweiligen landessprachlichen Rezeptionszeugnisse untersucht werden.
Frau Dr. Gönczi wird die 2004 von Marion Perrin begonnene Arbeit fortsetzen. Die Vermittlung des Wissens über das sächsisch-magdeburgische Recht besonders in der Landeshauptstadt Magdeburg wird hierbei weiterhin einen Schwerpunkt bilden. Gemeinsam mit der Arbeitsstelle in Leipzig soll darüber hinaus anhand ausgewählter Textzeugen und Rechtstermini die Verbreitung und Rezeption dieses Rechts bis hinein in die Rechtskodifikationen des 19. und 20. Jahrhunderts untersucht werden.
Flankiert werden die Leipziger und Magdeburger Forschungen durch ein internationales Netzwerk, dem u. a. Wissenschaftler in Litauen, Russland, Weißrussland, der Ukraine, der Slowakei, Ungarn, Tschechien und Polen angehören. Die Ergebnisse dieses Forschungsvorhabens sollen schließlich dazu beizutragen, auf der Basis der einst vorhandenen rechtlichen und kulturellen Gemeinsamkeiten die heutigen Beziehungen zwischen den Ländern Ost- und Mitteleuropas auszubauen und zu festigen. Hierfür ist Magdeburg auch heute nicht nur ein besonders geeigneter, sondern von der Geschichte prädestinierter und damit unverzichtbarer Standort.
Die Forschungsstelle zum Magdeburger Recht befindet sich im Alten Rathaus zu Magdeburg. Sie ist dem Stadtarchiv der Landeshauptstadt zugeordnet.