(pen) Sprache ist der Schlüssel zu einer gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft und eine wichtige Grundlage für den Bildungsweg eines Kindes. Sprache ist aber auch ein wichtiges Instrument, um eigene Gefühle, Bedürfnisse und Erlebnisse auszudrücken. „Es muss daher auch das Ziel des Ennepe-Ruhr-Kreises sein, die Sprachentwicklung des Nachwuchses frühzeitig zu fördern. Ein passender Ort dafür sind die Kindertagesstätten, ein geeignetes Konzept ist nach Expertenmeinung und wissenschaftlich belegt die ´Language Route´“. Für Landrat Dr Arnim Brux gibt es gute Gründe, die Umsetzung dieses Konzeptes in Kindertagesstätten vor Ort anzuregen.
Quasi als Auftakt hatte die Kreisverwaltung Erzieher Ende letzten Jahres zu einer Informationsveranstaltung über die „Language Route“ eingeladen. „Die Resonanz war sehr gut, wir konnten Teilnehmer aus 43 Einrichtungen begrüßen“, berichtet Dr. Inka Goddon, Leiterin des Gesundheitsdienstes für Kinder und Jugendliche im Schwelmer Kreishaus. Nächster Schritt war jetzt das Unterzeichnen eines Vertrages mit der Kölner Firma ProLog Wissen, die in Kürze die ersten Weiterbildungen anbieten wird. „In diesem Jahr profitieren davon zunächst die Beschäftigten von rund 15 Kindertagesstätten, Jahr für Jahr sollen dann weitere folgen. Die Kosten übernimmt der Ennepe-Ruhr-Kreis“, berichtete Dr. Goddon.
Für die Teilnehmer stehen knapp 20 Unterrichtsstunden sowie Coachings innerhalb der Einrichtung auf dem Programm. Im Mittelpunkt: Die Erkenntnis, dass eine sprachförderliche Gestaltung des Alltags den wirksamsten Einfluss auf die Sprachentwicklung verspricht. Kinder sollen daher so oft wie möglich miteinander sowie mit Erziehern und Eltern ins Gespräch kommen. „Anders als in anderen Programmen finden daher keine isolierten, zeitlich vordefinierten Einheiten statt, in denen einzelne Kinder aus der Gruppe herausgenommen werden. Vielmehr wird die gesamte Sprachförderung in den Kindergartenalltag integriert“, skizziert Oliver Schmid von ProLog Wissen den Ansatz der „Language Route“. Auf dem Fortbildungsplan der Erzieher tauchen so die Themen interaktive Sprachförderung und interaktives Vorlesen, Gespräche mit Kindern führen und Wortschatzarbeit auf. Antworten werden unter anderen auf folgende Fragen gesucht: Wie führe ich effektive Gespräche mit Kindern? Wodurch erreiche ich, dass sich alle Kinder neue Wörter aus einer vorgelesenen Geschichte merken? Wie erkläre ich Kindern unbekannte Wörter?
Bei seiner Initiative hat der Kreis auch die Ergebnisse der Schuleingangsuntersuchungen sowie das Integrationskonzept, in dem die Sprachförderung einen breiten Raum einnimmt, im Blick. „Unsere Zahlen zeigen, dass sechs von zehn Kindern mit Migrationshintergrund unmittelbar vor ihrer Einschulung erhebliche Probleme mit der deutschen Sprache haben“, so Dr. Goddon. Natürlich werde Sprachförderung bereits heute in vielen Kindertagesstätten groß geschrieben, dennoch könnten zusätzliche Unterstützung und Angebote sicher nicht schaden. „Nicht zuletzt unsere Informationsveranstaltung hat gezeigt: Die Nachfrage ist vorhanden“, unterstreicht Dr. Goddon.
Stichwort „Language Route“
Das Konzept wurde im Jahr 2000 in den Niederlanden entwickelt und wird im Nachbarland heute an rund 4.600 Einrichtungen umgesetzt. Im Vordergrund steht die Idee des Spracherwerbs durch Interaktion. Studien belegen inzwischen, dass diese in den Alltag eingebettete, zeitlich ausgedehnte Sprachförderung wesentlich effektiver ist. Weitere, wichtige Erkenntnis: Es sind gerade die sprachschwächeren Kinder mit Migrationshintergrund, die am meisten von diesem Sprachförderungskonzept profitieren.
Die „Language Route“ besteht aus den Grundpfeilern „Interaktionsfertigkeiten effektiv einsetzen“ und „dialogisches Bilderbuchbetrachten mit dem Vorlesezyklus“. Dazu kommen ergänzend die Bausteine „Gespräche führen“, „interaktive Wortschatzförderung“, „Förderung mehrsprachiger Kinder“ sowie „Einbeziehung der Eltern und Moderne Medien“.