Kreis Steinfurt. Badeseen kontrollieren, Herkulesstauden bekämpfen, Blühstreifen an den Wegesrändern anlegen: Auch das ist Kreisverwaltung!
Während der Sommerwochen stellen wir in loser Reihenfolge Aufgaben der Kreisverwaltung Steinfurt vor, die man hier vielleicht nicht sofort vermutet. Heute: Unterwegs mit Veterinär Dr. Georg Friemel-Brüggemann. Beim Nationenpreis der Zwei- und Vierspänner in Riesenbeck hat er ein Auge darauf, ob die Pferde den veterinärrechtlichen Bestimmungen entsprechen.
Vor den Wettkämpfen müssen die Teilnehmer die erste Hürde nehmen: der „Vet-Check" – wie es unter Reitsportlern heißt – wird von den offiziellen Turniertierärzten durchgeführt. Wenn es erforderlich ist, schicken die Veterinäre auch schon einmal ein Team nach Hause.
In diesem Jahr endet überraschender Weise für einen Franzosen und eine Spanierin der Nationenpreis gleich am ersten Tag: Sie müssen mit ihren Gespannen den Rückweg antreten. Doch bevor es auf die Reise geht, ist der Amtstierarzt gefragt, denn bei grenzüberschreitenden Transporten muss jedes Pferd mit einem Gesundheitszertifikat ausgestattet sein. Also heißt es für den Veterinär: Ran an den Computer, die Daten eingeben und das Zertifikat erstellen. Dann folgt noch die Untersuchung der Pferde - und die Teilnehmer können die unfreiwillige Heimreise antreten.
Der weitere Ablauf an den folgenden Tagen ist für Dr. Friemel-Brüggemann wie in den Vorjahren Routine. Sein erster Gang führt ihn an diesem Tag zur Meldestelle. Hier gibt er Zertifikate für die Heimreise von 26 Pferden aus anderen Nationen ab, die er schon im Büro vorbereitet hat – ausgestellt in unterschiedlichen Sprachen, gestempelt und unterschrieben. Ganz ohne Verwaltungsarbeit kommt eben auch ein Veterinär nicht aus. „Das erledige ich immer vorher, damit der Turnierablauf nicht gestört wird." Friemel-Brüggemann stellt seine Tasche ab und geht über das Gelände Richtung Stallungen. Unterwegs macht er einen kleinen Abstecher in die neue Reithalle. „Die Bodenverhältnisse können hier durch Wasserzufuhr und –abzug ideal angepasst werden. Denn weder zu harte noch zu weiche Böden sind für die Sprunggelenke der Pferde gut", erklärt der 50-Jährige, der früher selbst begeisterter Reiter war. Anschließend geht es weiter zu den Pferdeboxen.
Schicke Kutschen mit eleganten Pferden kreuzen die Wege. An diesem Tag finden die Dressurprüfungen statt. Wer sich zum ersten Mal während eines solchen Turniers auf dem Gelände umschaut, staunt nicht schlecht: Die Pferde werden mit Wasserschläuchen abgespritzt, bekommen die Hufen gefärbt und werden frisiert bzw. rasiert. „Auch das gehört dazu. Menschen machen sich vor besonderen Auftritten ja auch schön", sagt Friemel-Brüggemann.
Vier Tage dauert das Turnier an der Surenburg. An jedem Tag geht der Tierarzt mit einem prüfenden Blick durch die Ställe. Immer im Fokus: der Gesundheitszustand und das Wohlergehen der etwa 200 Pferde. Schon vor dem Eingang kommt einem der Duft von frischen Stroh und Pferd entgegen. Friemel-Brüggemann macht es sichtlich Freude, hier durch die Reihen zu gehen. Immer wieder bleibt er stehen, guckt nach links und rechts, spricht die Pferde an und streichelt die eleganten Tiere auch mal. „An der Kopfhaltung, der Stellung der Ohren und den Augen kann ich sofort erkennen, ob alles in Ordnung ist oder ob ich bei den Tieren genauer hinschauen muss. Die Pferde hier sind gut drauf, die haben Spaß und sind aufmerksam. Sicher, das ein oder andere Pferd ist der Turniersituation entsprechend etwas angespannt, aber auch das ist wie bei Menschen."
Füchse und Braune bestimmen das Farbbild in den Boxen. Schecken, die der Veterinär gerade im Blick hat, sind eher ungewöhnlich für ein Gespann. Meistens haben die Tiere einheitliche Fellfarben und meistens sind die Gespanntiere Wallache, weil sie sich für diesen Sport in der Regel besser eignen, wie Friemel-Brüggemann von einem ehemaligen Turnier-Gespannfahrer bei einem kurzen Schnack erfährt. Interessiert guckt das ein oder andere Tier durch eine Luke aus der Box nach draußen. „Die Tiere wollen ihr Umfeld wahrnehmen. Pferde, die viel mitkriegen, sind deutlich entspannter", erzählt der Experte.
Der Tierarzt der Kreisverwaltung steht in diesen Tagen in engem Kontakt zu den Tierärzten des Welt-Reiterverbandes „Fédération Equestre Internationale" (FEI), den Tierhaltern, dem Turnierschmied und der Turnierleitung. Alle sind verpflichtet, Auffälligkeiten bei den Tieren zu melden. So schreiben es das Tiergesundheitsgesetz und der Code of Conduct der FEI vor. Der Verband erwartet unter anderem, stets das Wohlergehen des Pferdes als oberstes Gebot anzuerkennen. Das umfasst beispielsweise eine gute Behandlung der Pferde, gute Trainingsmethoden und Hufpflege. Außerdem muss unter anderem sichergestellt sein, dass die Pferde vor dem Wettkampf in einem guten Gesundheitszustand sind und Prüfungsplätze, Bodenverhältnisse, Witterungsbedingungen, Stallungen und die Sicherheit auf dem Turniergelände dem Wohlergehen der Pferde nicht schaden.
Die Mobilfunknummern sind ausgetauscht. Friemel-Brüggemann ist während des Nationenpreises in Riesenbeck für die am Turnier Beteiligten rund um die Uhr zu erreichen. Doch an diesem Wochenende bleibt es bei den Routine-Kontrollen. „Die Doping-Kontrollen sind ohnehin Sache der FEI-Tierärzte, da bin ich außen vor", sagt der Veterinär, der mit Gesundheitszustand und Wohlergehen der Pferde zufrieden die Zeltställe für diesen Tag verlässt.