Pressemitteilung vom11. November 2016
Schmidt: „Kreishaushalt 2017 mit Überschuss
Kommunaler Finanzausgleich in Hessen macht sich negativ bemerkbar“

Kreis Kassel. „Auch 2017 ist es uns wieder gelungen, einen ausgeglichenen Haushalt mit einem Überschuss für die Beratung in den Kreistag vorzulegen“, informiert Landrat Uwe Schmidt über den Entwurf des Kreishaushalts 2017, der am 7. November in den Kreistag eingebracht wird. Das Gesamtvolumen des Kreishaushalts beträgt 369 Millionen Euro. Davon entfallen 16,9 Millionen Euro auf den Finanzhaushalt und 352,1 Millionen Euro auf den Ergebnishaushalt. Der Überschuss im Ergebnishaushalt ist mit 126.897 Euro eingeplant. Im Finanzhaushalt werden die größeren Investitionsvorhaben des Landkreises erfasst – der Ergebnishaushalt umfasst alle laufenden Ausgaben. Ausschlaggebend dafür, ob ein Landkreis oder eine Kommune ein Defizit im Haushalt ausweisen müssen, ist der Ergebnishaushalt.

 

Im Haushalt 2017 werden erstmals die Auswirkungen des seit dem 1. Januar 2016 geltenden Kommunalen Finanzausgleich (KFA) im vollen Umfang spürbar. „Wir müssen leider feststellen, dass die von der Landesregierung behaupteten positiven Auswirkungen des  KFA für die kommunale Ebene in der Realität nicht ankommen“, ärgert sich Schmidt über die Vorgaben des Landes. Mit dem neuen KFA, der zum 1. Januar 2016 in Kraft getreten ist, hat das Land Hessen die Schlüsselzuweisungen gestärkt und gleichzeitig die besonderen Finanzzuweisungen und Investitionszuweisungen wegfallen lassen – dafür dürfen Schlüsselzuweisungen auch für investive Maßnahmen genutzt werden.

Im Ergebnis war dies im ersten Jahr des neuen KFA 2016 ein Nullsummenspiel, da die Schlüsselzuweisungen ungefähr in der Höhe stiegen, wie die Zuweisungen weggefallen waren.

 

Für den Haushalt 2017 des Landkreises bringt der neue KFA eine Reihe von sich widersprechenden Rahmenbedingungen mit sich, erläutert Landrat Schmidt die äußerst komplexen Finanzbeziehungen zwischen Land und Landkreis. Um einen Haushaltsausgleich im Ergebnishaushalt zu erreichen, müssten die Schlüsselzuweisungen des Landes möglichst umfangreich in Anspruch genommen werden – dies wiederum würde zu einer geringen investiven Verwendung führen. Um eine Netto-Neuverschuldung im Finanzhaushalt zu vermeiden, müsste die Schlüsselzuweisung investiv genutzt werden. Dies würde zu fehlenden Deckungsmitteln im Ergebnishaushalt führen. Das wiederum würde bedeuten, dass die Kreisumlage erhöht werden müsste, um ein jahresbezogenes Defizit zu vermeiden. Schmidt: „Das Land lässt seine Investitionszuweisungen wegfallen und erhöht die Schlüsselzuweisungen nur unwesentlich – eröffnet aber gleichzeitig den Weg, mit den Schlüsselzuweisungen Investitionen tätigen zu können. Führt das – wegen einer Defizitvermeidung – zu einer höheren Kreisumlage, zahlen die Kommunen mittelbar für Investitionen des Landkreises, die vorher allein vom Land bezuschusst wurden“.

 

Schmidt hat sich für den Haushalt 2017 dafür entschieden, den Gesamthebesatz von Kreis- und Schulumlage nicht zu erhöhen, dem Schutzschirmpfad treu zu bleiben und bei den Investitionen „gezwungenermaßen auf einem nur mit Bauchschmerzen zu verantwortenden geringen Niveau zu bleiben“. „Ich hatte keine Wahl – ich hätte allerdings gern mehr Spielraum für mehr Investitionen in Sporthallen, Straßen und Schulen gehabt“, so der Landrat weiter.

 

Der Kreis investiert im Jahr 2017 16,9 Millionen Euro – das sind 3,3 Millionen Euro weniger, als im Jahr 2016. Im Investitionsbetrag von 16,9 Millionen Euro sind 2,3 Millionen Euro aus den Schlüsselzuweisungen enthalten, um den absolut unabweisbaren Bedarf zu decken. Schmidt: „Das was ich kritisiert habe, musste also eintreten: Die kreisangehörigen Kommunen springen für das Land bei der Finanzierung von Investitionen ein“. 

Insgesamt plant der Landkreis für 2017 mit Einnahmen aus Schlüsselzuweisungen und der Kreis- und Schulumlage in Höhe von 222,3 Millionen  Euro. Diesem Betrag stehen gesetzliche Umlageverpflichtungen des Landkreises an den Landeswohlfahrtsverband und für die Krankenhausumlage an das Land Hessen in Höhe von 43,4 Millionen Euro gegenüber, so dass sich eine bereinigte Einnahmehöhe von 179,6 Millionen  Euro ergibt – das sind 10,5 Millionen Euro mehr als im Jahr 2016.

 

Auf der Ausgabenseite des Kreishaushalts spielen die Themenbereiche Soziales und Jugend traditionell die größte Rolle. „Für beide Themenbereiche gibt der Kreis im nächsten Jahr rund 210,4 Millionen Euro aus – gefolgt vom Bereich Bildung, für den wir 82,2 Millionen Euro ausgeben“, informiert Landrat Schmidt. Diese drei Themenbereiche umfassen zusammen rund 79,3 Prozent der Gesamtaufwendungen. Schmidt: „Diese Zahlen zeigen erneut, dass das Thema Soziale Investitionen im Landkreis Kassel ernst genommen wird - wir sichern damit den sozialen Frieden im Landkreis und wir erfüllen die gesetzlichen Vorgaben der jeweiligen sozialen Leistungsgesetze“.

 

Die Transferaufwendungen im Sozial- und Jugendhaushalt sind im Vergleich zum Vorjahr um rund 17,6 Prozent auf 126,8 Mio. Euro zurückgegangen. Ausschlaggebend dafür sind stark zurückgegangen Aufwendungen für unbegleitete minderjährige Ausländer – hier haben sich die vom Hessischen Ministerium für Soziales und Integration gemeldeten voraussichtlichen Zuweisungszahlen erheblich verringert. Gestiegen sind allerdings die Jugendhilfeleistungen für Nichtasylbewerber auf mittlerweile 27,2 Mio. Euro. „Bei den Transferaufwendungen im Sozial- und Jugendhaushalt lohnt der Vergleich in die Vergangenheit. 2008 lagen die Aufwendungen hier bei 67,2 Mio. Euro, 2013 bei 82 Mio. Euro und 2015 bei 98,1 Mio. Euro“, wirft Schmidt einen Blick zurück.

 

Bei den Transferausgaben im Bereich Asyl geht der Landkreis von einer Aufwendungsstabilität im Jahr 2017 im Vergleich zu den Planzahlen 2016 aus. Schmidt: „Wir gehen davon aus, dass die Zahl der Asylbewerber, die die Leistungen im Landkreis erhalten, weiter steigen wird, so dass wir Ende des Jahres für über 3.900 Asylbewerber zuständig sein werden“.

Ende September erhielten 2928 Menschen im Landkreis Kassel Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Schmidt rechnet damit, dass die Haushaltsrechnung 2016, die die tatsächlichen Ausgabenzahlen des Landkreises darstellt, unter den Ansätzen bleiben wird, so dass die ursprünglich für Ende 2016 eingeplanten Zahlen auf das Jahr 2017 fortgeschrieben werden können. „Allerdings gilt auch 2017 dasselbe wie für 2016 – wir sind bei der tatsächlichen Zahl der Asylbewerber, für die wir zuständig sind, von Entscheidungen auf europäischer Ebene und vom Bund abhängig, die wie selbst nicht beeinflussen können“, verweist der Landrat auf die Schwierigkeit einer belastbaren Planung.

 

Schmidt bedankt sich auch im Namen der Vizelandrätin Susanne Selbert für das große Engagement der ehrenamtlichen Unterstützerkreise im Landkreis Kassel: „Hier leisten viele Menschen zum Teil seit mehreren Jahren eine tolle Arbeit, die wir nicht oft genug würdigen können“. Die Bereitschaft, sich finanziell oder mit Tatkraft oder beidem zu engagieren, zeige, dass die Solidarität mit Flüchtlingen in unserer Region weiterhin groß ist.

 

Mit Blick auf die weiter steigenden Aufwendungen für Sozialinvestitionen im Kreis bleibe die Finanzausstattung der Kreise in Hessen „weiter schlecht“, kritisiert der Landrat.  Diese Ausgaben müssten die Landkreise über sogenannte Kassenkredite finanzieren – „wir überziehen unser Konto“, erläutert Schmidt. Auf die hessischen Landkreise entfallen 46,6 Prozent der Kassenkredite, die von allen Landkreisen bundesweit aufgenommen wurden: 3.085,7 Mio. Euro von insgesamt 6.615 Mio. Euro (Stand: 31.12.2015/Quelle: „Schulden des Öffentlichen Gesamthaushalts“ des Statistischen Bundesamts). “Selbst wirtschaftlich eindeutig weniger leistungsfähige Länder stellen ihre Landkreise besser, als das wirtschaftsstarke Hessen“, stellt Schmidt verärgert fest.

 

Im Stellenplan des Landkreises macht sich das Thema Asyl ebenfalls bemerkbar. Schmidt: „Wir hatten geplant, im Jahr 2017 wieder Stellen einzusparen“. Die besonderen Herausforderungen in den Bereichen Asyl, Jugend und Soziales führen dazu, das in diesen Fachbereichen und Fachdiensten 14 zusätzliche Stellen geschaffen werden müssen. Nicht in allen Fällen geht mit diesen zusätzlichen Stellen auch eine zusätzliche finanzielle Belastung für den Kreishaushalt einher.

 

„Sieben der 14 Stellen hängen unmittelbar mit der Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Ausländern zusammen und für diese Stellen erfolgt eine volle Kostenerstattung durch das Land Hessen“, rechnet Schmidt vor. Eine solche volle Kostenerstattung für die weiteren fünf Stellen, die den Fachdienst Asyl betreffen, gäbe es „leider nicht“, so der Landrat weiter. Eine weitere Stelle für den Fachbereich Soziales betrifft die Grundsicherung im Alter – hier erhöhen sich die Fallzahlen und daher muss der Landkreis personell nachsteuern.

Bei einer weiteren Stelle im Fachbereich Jugend handelt es sich um die Umwand-lung einer Stelle, die bisher bei der Arbeitsförderungsgesellschaft im Landkreis Kassel (AGiL) verankert war und für die aus dem Kreishaushalt einer Personalkostenerstattung erfolgt ist. „Hier entstehen also keine zusätzlichen Personalkosten“, betont Schmidt.

 

Zusätzliche Bedarfe hat der Landkreis auch in der Betreuung der EDV-Ausstattung der Schulen. Eine weitere im Fachbereich Schulen eingerichtete Stelle ist wieder eine Verlagerung vom Verein Energie 2000 e.V. – der entsprechende Mitarbeiter war dort bisher für das Energiemanagement verantwortlich und wird jetzt dem Fachbereich Schulen zugeordnet. Im Fachbereich Brandschutz ergibt sich ein zusätzlicher Personalbedarf für die Sachbearbeitung für die Freiwilligen Feuerwehren im Landkreis. Außerdem benötigt der Landkreis noch eine Stelle für eine Freistellung in der Personalvertretung, für die ein gesetzlicher Anspruch besteht und zwei Leerstellen für Beurlaubungen. Diese beiden letztgenannten Stellen erzeugen erneut keine Kosten. „Das macht insgesamt 20 Stellenbedarfe – abzüglich von  vier konsolidierten Stellen ergibt sich  eine Erhöhung der Stellenzahl um 16 von 950 auf 966 Stellen“, bilanziert der Landrat.

Für die Personalaufwendungen bedeuten diese zusätzlichen Stellen und die bereits vereinbarten Gehaltsanpassungen für Angestellte und Beamte im nächsten Jahr eine Erhöhung von 1,7 Mio. Euro – das sind 2,7 Prozent.

 

Für die Modernisierung der Kreisstraßen plant der Kreis im nächsten Jahr Investitionen von rund 6,6 Millionen Euro. Die größte geplante Straßenbaumaßnahme ist die Erneuerung der Weserbrücke im Zuge der Kreisstraße 77 in Bad Karlshafen mit 4,135 Millionen Euro – diese Maßnahme wird den Landkreis auch in den Folgejahren beschäftigen; insgesamt fließen 9,2 Millionen Euro für die neue Weserbrücke nach Bad Karlshafen.

Weitere größere Baumaßnahmen an Kreisstraßen sind der Ausbau der K 37 in der Ortsdurchfahrt Fuldatal-Simmershausen, die auch noch das Haushaltsjahr 2018 betreffen wird mit 800.000 Euro (Gesamtsumme 2,3 Millionen Euro), sowie 425.000 Euro für den Ausbau der Ortsdurchfahrt in Breuna-Niederlistingen (K 60) und den Neubau der Verbindungsspange K 47 zwischen B 3 und B 83 mit 350.000 Euro (Gesamtsumme einschließlich der Folgejahre 8 Millionen Euro).  

 

Im Schulbereich werden im Haushalt 2017 rund 8,6 Millionen Euro in Baumaßnahmen fließen. Die größte Schulbaumaßnahme im nächsten Jahr ist dabei die über mehrere Jahre angelegte Sanierung der Willy-Brandt-Schule in Kassel-Oberzwehren mit 4,7 Millionen Euro (Gesamtsumme 18,1 Millionen Euro). Weitere 750.000 Euro fließen in den ersten Bauabschnitt der Erweiterung der Grundschule in Niestetal-Sandershausen (Gesamtsumme 4,3 Millionen Euro). 545.000 Euro sind für den Abschluss der Erweiterung der Friedrich-Ebert-Schule in Baunatal-Altenbauna (Gesamtsumme 2,6 Millionen Euro) vorgesehen.  Außerdem stehen jeweils 300.000 Euro für den Beginn der Erweiterungsbaus an der Grundschule Kaufungen-Oberkaufungen  (Gesamtinvestition 2,4 Millionen Euro) sowie für den Abschluss der Baumaßnahme für die Betreuungsräume an der Grundschule in Fuldatal-Ihringshausen (Gesamtsumme 1,7 Millionen Euro) im Investitionsprogramm.

 

Hintergrund:

Da die Aufteilung des doppischen Haushalts des Landkreises für Nichthaushaltsexperten kaum nachzuvollziehen ist, hat sich die Kreisverwaltung für die öffentliche Darstellung der Haushaltsaufwendungen und Einnahmen die nachfolgende Auflistung gewählt, die sich an Themenbereichen orientiert und nicht mehr zwischen Ergebnis- und Finanzhaushalt differenziert.

 

Ausgaben Haushalt 2017 mit Vergleichszahlen Haushalt 2016

 

 

Einzelpositionen in Mio. Euro:

                                                                                                          2016                          2017

Schulen (inkl. Schülerbeförderung)                                          86,2                            82,2

Sozialhilfe/Grundsicherung/Unterkunft Hartz IV                    68,9                            76,8

Umlage an den LWV                                                                    41,7                            40,0

Jugendhilfe (inkl. UMA)                                                               70,7                            52,9

Betreuung und Unterbringung von Flüchtlingen                  42,6                            41,0

Liegenschaften, Pensionen, Zentralbereich                           21,2                            20,5

Straßen und Radwege                                                                 11,0                            12,5

Zinsen                                                                                               6,4                              6,1

ÖPNV                                                                                                            4,6                              4,6

Gesundheit                                                                                       4,0                              4,1

Volkshochschule/Kultur                                                                4,8                              5,2

Krankenhausumlage                                                                      3,5                              3,4

Bauen und Umwelt                                                                                     4,1                              3,8

Sicherheit und Ordnung                                                                3,5                              4,0

Brand- und Katastrophenschutz                                                  1,4                              1,4

Veterinärwesen/Verbraucherschutz                                            1,5                              1,5

Regionalentwicklung/Demografischer Wandel                                    1,1                              1,1

Wirtschaft/Tourismus                                                                      1,4                              1,3

Kreistag/Kreisausschuss                                                               1,4                              1,4

Flughafen Kassel-Calden                                                                         1,5                              1,3

Landwirtschaft                                                                                 0,9                              0,9

Sonstiges                                                                                          2,7                              3,1



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