Landkreis Kassel. Die Augen von Jalil Tajik glänzen. „Ich habe in Afghanistan Ledertaschen gemacht“, erzählt er und zeigt stolz einige Bilder auf seinem Handy. Jetzt sitzt der 19-Jährige in der kleinen Werkstatt von Schuhmacher Bernd Heyroth. Der Geruch von gegerbtem Leder liegt in der Luft. Für Jalil Tajik riecht es nach Heimat.
Mit dem nun schon 4. Refugee’s Day vermittelt der Landkreis Kassel Geflüchtete in Tagespraktika bei kleinen und großen Betrieben in der Region. Diesmal mit der Kasseler Max-Eyth-Schule als Partner. Deren Schulleiter, Arno Koch, zeigt sich optimistisch: „Die angesprochenen Betriebe waren sehr offen“, betont er. Für die 55 jungen Geflüchteten in den Intensivklassen zum schnellen Spracherwerb, sei es eine Chance in die Betriebe hinein zu schnuppern. Koch hofft dabei auf einen „Klebeeffekt“. Also die spätere Möglichkeit auf ein längeres Praktikum oder gar einen Ausbildungsplatz.
„Es gibt durchaus Fälle, bei denen die Arbeitgeber direkt nach dem Praktikumstag eine Ausbildung anbieten, weil sie merken wie engagiert die jungen Männer und Frauen sind“, berichtet Schulsozialarbeiterin Julia Tjahjadi. Bestätigt wird sie dabei von Oliver Petersen, dem „Willkommenslotsen“ der Handwerkskammer Kassel. „Bei den Geflüchteten hat das Handwerk noch einen ganz anderen Stellenwert“, berichtet er. Das komme gut an. Allerdings gebe es bei den Betrieben oft noch Unsicherheiten bei arbeitsrechtlichen Fragen.
Bereits im Vorfeld wurde mit allen Teilnehmern besprochen, welche Vorerfahrungen sie haben oder welche Berufswünsche. Für Faez Hamma aus dem Irak, der erzählt, dass er als einziger den Untergang eines Bootes mit 44 Flüchtlingen auf dem Mittelmeer überlebt hat, ist sofort klar: Ich will später einmal die RegioTram fahren.
Für seinen Praktikumstag bei der RegioTram Gesellschaft (RTG) wird er von Geschäftsführer Thomas Wolf persönlich empfangen. „Wir suchen händeringend nach Mitarbeitern und wollen jedem eine Chance geben“, betont er. Aber der Weg für Faez Hamma sei lang, da alle Bewerber eine abgeschlossene Berufsausbildung vorweisen müssen. Immerhin: Bei einem stehenden Zug durfte ein strahlender Faez Hamma schon mal hinter dem Steuer Platz nehmen.
„Auch der vierte Refugee’s Day war ein voller Erfolg“, zieht Bijan Otmischi zufrieden Bilanz des kreisweiten Schnuppertages in die regionale Arbeits- und Berufswelt. „Neue Kontakte wurden geknüpft und vorhandene Netzwerke ausgebaut“, betont der Integrationsmanager des Landkreises Kassel und Initiator der Refugee’s Days. Die Zusammenarbeit mit der Max-Eyth-Schule, der Handwerkskammer, der IHK und den beteiligten Betriebe sei hervorragend gelaufen, so Otmischi, und auch die Rückmeldungen seien sehr ermutigend. „Für die Geflüchteten war es ein tolles Erlebnis, erste Eindrücke des Arbeitsalltags in Deutschland zu gewinnen“, so der Integrationsmanager abschließend.
Der nächste Refugee’s Day ist bereits geplant. Er wird am 26. Oktober 2017 in Kooperation mit der Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge in Zierenberg stattfinden.
Hintergrund
Mit dem seit 2015 vom Landkreis Kassel organisierten Refugee’s Day wird die Idee der Boy’s und Girl’s-Days aufgegriffen. Bei den bisherigen vier Refugee’s Days hatten rund 150 Geflüchtete die Möglichkeit ein Tagespraktikum bei einem Betrieb in der Region zu absolvieren. Der Landkreis Kassel kooperiert dabei mit der Handwerkskammer Kassel und der IHK. Mit der vierten Auflage war zum ersten Mal eine Schule Partner der Aktion.
Pressekontakt: Pressestelle LANDKREIS KASSEL, Harald Kühlborn
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